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"Carpatia"
 
von Oliver Forst
Biograph - Düsseldorf, 11.2004, Deutschland
 
Spricht man von den Karpaten, so fällt wohl früher oder später unweigerlich der Name des berüchtigten Grafen Draculas, der in diesen Gefilden der Sage nach sein schauriges Unwesen trieb. Doch während es dem irischen Schriftsteller Bram Stoker niemals vergönnt war, die Heimat seiner Schöpfung in Augenschein zu neh-men, widmeten ihr die Filmemacher Andrzej Klamt und Ulrich Rydzewski eine wunderschöne Hommage. Nun mag es vielleicht etwas verwundern, dass der Begriff "Dracula" in der Dokumentation kein einziges Mal fällt, doch "Carpatia" beweist mit herrlichen Landschaftsaufnahmen und interes-santen Charakteren, dass die Realität oftmals viel aufregender ist als das
Wiederkäuen bekannter Mythen. Der Film porträtiert auf eindrucksvolle Weise Menschen der fünf Anrai-nerstaaten, die in kaum vorstellbarer Abgeschiedenheit und Ursprünglich-keit leben. Dabei erzählen so unter-schiedliche Lebens- und Überlebens-künstler wie Goldgräber, Zauberer oder Kuhhirten ihre bewegte Ge-schichte und lassen einen tiefen Einblick in ihre Ängste und Hoffnungen zu. Viele sehnen sich nach einem bes-seren Leben oder haben Fernweh, Fernweh nach Orten die sie nur aus Erzählungen oder vielleicht noch aus dem Fernsehen kennen. Andere, wie die Menschen vom Zirkus, wünschen sich manchmal ein Ende ihres Noma-dendaseins, in Ruhe und mit konstan-ter Heimat. Stellvertretend für den je-weiligen Ort lassen die Dokumen-tarfilmer noch Huzulen, Goralen und Sintis zu Wort kommen und zeigen deren harten Alltag in einem länd-lichgebirgigen Europa, das manch hie-
sigem Zuschauer wie eine fremde Welt vorkommen dürfte. Es ist exem-plarisch, wenn eine Frau mittleren Al-ters berichtet, dass der Grund für ihr solitäres Leben die Sorge um die Mut-ter sei, die sich nicht alleine versor-gen könne. Dies und die Befürchtung, dass sie mit ihrem niedrigen Bildungs-stand in der Stadt keine Aussicht auf Arbeit habe, hält sie in der Einöde. Auf die Frage, ob sie sich denn schon einmal verliebt habe, antwortet sie mit gesenktem Blick: "Nein." Schlimm sei dies für sie nicht, denn wenn Gott sie eines Tages zu ihr ruft, seien die Straßen aus Gold und Perlen und von anderen Bedürfnissen sei man in der besseren Welt befreit.
      "Carpatia" lebt einerseits si-cherlich von seinen Naturaufnahmen, da es sich bei der Region um eine für den Westeuropäer weitgehend unent-deckte Gegend handelt, eine "terra in-cognita" eben. Andererseits mag man sich auch gar nicht mehr von den ge-
sehenen Gesichtern trennen, die oft-mals mehr Geschichten zu erzählen vermögen als Wörter es jemals kön-nten. Der landläufige Glaube, ein-fache Menschen, die ohne Konsum und Luxusgüter leben, seien die glück-licheren, wird hier ad absurdum ge-führt. Der Film zeigt Biographien voller Einsamkeit, Todessehnsucht und Trau-rigkeit, die meist nur noch durch den fanatischen Glauben an eine höhere Gerechtigkeit aufrechterhalten wer-den. Hoffnung liegt in Gott oder nir-gends. Und das Leben verfliegt, seufzt ein Zirkusartist