Ukraine
Galizien, David Wider und Rabbi Kolesnik
Die galizischen Karpaten um die Ortschaften Kuty, Kosow und Kolomyja haben
eine besondere Bewandnis für den Chassidismus. Diese mystische jüdische
Erweckungslehre entwickelte sich in dieser Gegend. Der sagenumwobene Begründer
dieser kabbalistisch beeinflussten Richtung des orthodoxen Judentums Israel
Baal Schem Tow (1700-1760) verbrachte hier viele Jahre. Er lebte in den
Karpaten und grub Lehm aus. Seine Frau verkaufte diesen dann auf dem Markt.
Heute findet man hier nur noch Spuren des einstigen Zentrum des Chassidismus.
Die jüdische Gemeinde der Bezirkshauptstadt Stanislaus
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(Ivano-Frankivsk) zählt nur noch wenige hundert
Mitglieder. Verstärkung erhalten die aussterbenden Gemeinden von
orthodoxen Juden aus Israel, USA und Frankreich, die freiwillig hierher
kommen, um den Geist des Chassidismus nicht endgültig erlöschen
zu lassen.
Rabbi Kolesnik:
„Hier auf dem Kosov-Berg endete die lange Geschichte der jüdischen
Gemeinde Galiziens und der Karpaten. Auf diesem Berg wurden fast alle
jüdischen Einwohner der Stadt Kosov umgebracht. Kosov war ein typisches
jüdisches Städtchen in den Karpaten. Vor dem Krieg waren 80 Prozent
der Einwohner Juden. Das heißt, fast alle Bewohner waren Juden.
Die Geschichte verlief für die Juden in den ukrainischen Karpaten
über die
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meiste Zeit recht gut. Ohne besondere Probleme. Bis
zur der Katastrophe im Zweiten Weltkrieg. Die Sowjetunion hat in einigen
Jahrzehnten alles vernichtet, was es hier an jüdischer Kultur gab.
Der große Verbrecher Hitler hat die Juden physisch ermordet. Und der
große Verbrecher in der Verkörperung der Sowjetmacht, hat die
Menschen geistig getötet. Im Einzelnen wurde das Jiddisch, das Hebräisch,
alles was wir die jüdische Lebensart nennen, vernichtet.“
David Wider:
„Die meisten Juden sind aus Kolomyja weggezogen. Nur dreißig
Familien sind geblieben. Nur fünf bis zehn Menschen können von
sich sagen, dass sie noch jiddisch sprechen. Und das alte Jiddisch sprechen
nur noch drei. Wir drei gehen in die Synagoge und sprechen dort das alte
Jiddisch.
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Die anderen sprechen alle Russisch, kein Jiddisch
mehr. Ich werde hier in Kolomyja als Jude geachtet. Meine Ehefrau ist eine
Ukrainerin. Es kommen ukrainische Freunde und Gäste zu mir. Und ich
trage sie in mein Heft ein und bete für sie und den Frieden in der
Welt. Und Frieden soll es geben bei den Nichtjuden und bei uns. Es wird
gar nichts bleiben, nur die Synagoge, wo wir letzten drei beten gehen. Wenn
wir nicht mehr da sind, wird die Synagoge in einen Jugendclub umgewandelt
werden. Haben sie es verstanden?“
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